Donnerstag, 13. Juni 2013

Generalstreik in Griechenland

Gewerkschaften rufen zum Generalstreik auf


In Griechenland wird aus Protest gegen die überraschende Schließung des staatlichen Rundfunks (ERT) in vielen Bereichen gestreikt. Schwerpunkte bilden wie fast immer die öffentliche Verwaltung und der Personenverkehr. An einigen Orten streiken die Busfahrer. Außerdem ist die Eisenbahn und sogar der Luftverkehr betroffen. Aus dem angekündigten Generalstreik wurde aber nichts. Banken, Einzelhandel, Restaurants und Hotels blieben geöffnet.


Thema Streik in Griechenland


Aus dem Buch "Die wahre Griechenland Lüge"


Warum wird eigentlich in Griechenland in letzter Zeit so oft gestreikt?

Wenn man im Fernsehen Bilder von Streiks in Griechenland sieht oder darüber in der Zeitung liest, dann lohnt es sich schon, ganz genau hinzuschauen. Wir kennen Streiks im Allgemeinen als Kampfmittel von Gewerkschaften im Rahmen von Tarifverhandlungen. Dabei  geht es um höhere Gehälter oder die Verbesserung von Arbeitsbedingungen. In Griechenland ist das etwas anders. Hier streiken auch die Unternehmer! Als ausgerechnet im Sommer 2010 die Tankstellen nicht mehr mit Treibstoffen beliefert wurden und zehntausende von Urlaubern strandeten, streikten nicht etwa die LKW-Fahrer. Es ging auch niemandem um Gehälter oder Arbeitsbedingungen. Es waren die Speditionsunternehmen, die ihre Tankzüge nicht auf die Straße ließen. Dabei ging es ihnen auch nicht um höhere Gehälter oder Frachtraten, sondern um die Sicherung von staatlichen Privilegien. Wenn Sie nämlich in Griechenland Eigentümer für eine Transportlizenz für Treibstoffe sind, dann haben Sie und ihre Familie für Generationen im Grunde ausgesorgt.

2011 wurden die entsprechenden Gesetze überarbeitet und der Markt liberalisiert. Geändert hat sich in der Praxis nichts.

Der reichste Mann im Ort war Giannis ********. Ich lernte ihn gleich in der ersten Woche meines Aufenthaltes in Griechenland kennen. Er kam einfach so bei mir vorbei und stellte sich vor. Er war ein entfernter Verwandter meines griechischen Freundes Dimitrie, den ich aus Deutschland kannte. Einer von Giannis Söhnen studierte damals in Hamburg. Giannis sprach ein wenig deutsch und besuchte mich jedes Mal, wenn ich in Griechenland war. Es waren immer sehr angenehme Gespräche und er war stark daran interessiert, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Schon bald lud er mich auch zu seinen zahlreichen und großen Familienfesten ein.

Wie bei vielen anderen Griechen, die ich kenne, war sein Interesse eine Fremdsprache zu erlernen groß. Außerdem ist es auch typisch, dass wohlhabende Griechen ihre Kinder an renommierten Universitäten im vorwiegend westlichen Europa oder Nordamerika studieren lassen.

Mit seiner Familie bewohnte er eine große und opulente Villa. Diese Villa lag in einem parkähnlichen Grundstück von mindestens zwei Hektar Größe. Die Villa war sehr hochwertig ausgestattet. Es gab dort mehr Antiquitäten als in manchem Museum.

Giannis lebte dort mit seiner Frau und seinen Kindern. Auch seine Eltern lebten mit der Familie in dieser Villa. Er versorgte seinen 91 Jahre alten Vater und die Mutter sehr fürsorglich. Dazu gab es sogar eine Pflegekraft aus Bulgarien, die mit in der Villa lebte und die Eltern rund um die Uhr versorgte.

Gianni war seinen Eltern sehr dankbar und hatte auch allen Grund dazu. Immerhin hatte er ihnen den Reichtum der Familie zu verdanken. Der Reichtum der Familie bestand aus zwei 40-Tonnern. Es waren zwei Lastzüge deutschen Fabrikats. Der eigentliche Reichtum bestand in der Transportlizenz für die beiden LKW.

Giannis Vater, der ein einfacher Landarbeiter war, hatte die Lizenzen Anfang der 70er Jahre erworben. Damals vergab der griechische Staat 33.000 dieser Lizenzen gegen eine niedrige Gebühr. Aufgrund seiner guten Beziehungen und reichlich Schmiergeld erhielt Giannis Vater damals die Lizenzen für die beiden LKW. Seit damals wurden vom griechischen Staat keine neuen Lizenzen mehr ausgegeben.

Möchte man heute eine derartige Lizenz erwerben, so muss man dafür mindestens 300.000 Euro bezahlen, wenn man überhaupt eine Lizenz bekommt.

Noch teurer sind die Lizenzen für Tanklaster, von denen es in ganz Griechenland etwa 1300 gibt.

Folge der staatlichen Regulierung oder besser gesagt Misswirtschaft ist ein Marktversagen im gesamten Transportsegment. Während sich in Europa flexible Logistikkonzerne entwickelt haben, ist es in Griechenland bei kleinen Transportunternehmen mit einem oder zwei Fahrzeugen geblieben. Dafür sind die Preise für Transporte horrende und schaden damit der wirtschaftlichen Entwicklung anderer Branchen.

Nur sehr Wenige profitieren von derartigen Regelungen. Gianni und seine Familie gehörten zu diesen Wenigen. Ihm bescherte dieser abgeschottete Markt seit Jahrzehnten immenses Einkommen und Wohlstand. Unter den Transportunternehmen funktioniert die Kooperation auch sehr gut. So existiert praktisch keine Konkurrenz.

Der Transportsektor zu Wasser ist für die griechische Wirtschaft und den Staat leider auch kein Hoffnungsträger. Zwar verfügen griechische Reeder über eine der modernsten und größten Flotten der Welt, nutzen tut das jedoch dem griechischen Staat nichts. Griechischen Reedern garantiert der Staat nämlich umfangreiche Steuerprivilegien.

Auch unter den Matrosen der Schiffe werden Sie kaum Griechen antreffen. Das führt zwar dazu, dass einige Reeder es zu unglaublichem Reichtum und Einfluss in der Politik gebracht haben, an der Finanzierung des Staates beteiligen sie sich aber praktisch nicht.

Neben den Transportunternehmen gibt es weitere Bereiche der Wirtschaft, die wie geschlossene Gesellschaften organisiert sind. Vergleichbares findet man bei Architekten, Apotheken, Notaren und anderen Gewerben und Berufen. Die Folgen sind hohe Preise, ineffizientes Angebot und Möglichkeiten der Bereicherung durch die Inhaber derartiger Lizenzen.

Diese Formen der Marktbeschränkungen wirken sich negativ auf Griechenlands wirtschaftliche Entwicklung aus. Das renommierte Wirtschaftsforschungsinstitut IOBE (Foundation for Economic and Industrial Research) mit Sitz in Athen hat berechnet, dass allein ein moderater Wegfall dieser Marktbeschränkungen ein jährliches Wirtschaftswachstum von 3 Prozent zur Folge haben könnte. Seit 2011 sind hierzu zahlreiche Gesetzesreformen auf den Weg gebracht worden. So weit ich die Lage überschauen kann, hat sich bis heute wenig bis nichts verändert. Zumindest musste Gianni seinen Lebensstil bis heute nicht ändern.

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